La Samaritaine

Ein Pfau spreizt sein Rad

Nun endlich soll es soweit sein: Die Wiedereröffnung des La Samaritaine, das wie so viele andere Großprojekte Corona zum Opfer fiel. Mit über einjähriger Verspätung soll es nun im Juni klappen. Ein kleines Aperçu hatte ich bereits im letzten Oktober, als Louis Vuitton dort vor kleinem Publikum seine Live-Modenschau zeigte – leider war dabei nur der zentrale Teil zugänglich, meine Lieblingsecken waren noch mit Sichtschutzwänden versperrt.

© Matthieu Salvaing

La Samaritaine

Ein Pfau spreizt sein Rad

Nun endlich soll es soweit sein: Die Wiedereröffnung des La Samaritaine, das wie so viele andere Großprojekte Corona zum Opfer fiel. Mit über einjähriger Verspätung soll es nun im Juni klappen. Ein kleines Aperçu hatte ich bereits im letzten Oktober, als Louis Vuitton dort vor kleinem Publikum seine Live-Modenschau zeigte – leider war dabei nur der zentrale Teil zugänglich, meine Lieblingsecken waren noch mit Sichtschutzwänden versperrt.

Es gibt wenige Monumente in Paris, zu der ich eine so emotionale Beziehung habe wie zum Samaritaine, diesem alten Kaufhaus an der Pont Neuf. Es war die Zeit vor den Low-Cost-Airlines, wo ich noch in langen Busnachtfahrten von Deutschland nach Paris reiste, verliebt in die Stadt und in einen Mann. Unser Treffpunkt war immer die kleine, runde Dachterrasse des Kaufhauses, ein absoluter Geheimtipp, den nur wenige kannten. Schon die opulenten Mosaiken, Schmiedearbeiten und sublimen Jugendstil-Fresken mit dem Pfauenrad unter der gläsernen Kuppel ließen mein Herz höherschlagen, der Takt erhöhte sich mit jedem Schritt über die engen Spiralstahltreppen. Je höher man stieg, desto lauter röhrten die Belüftungs- und Heizanlagen wie auf einem Luxusdampfer. Oben angekommen fühlte ich mich wie auf der Aussichtsplattform eines Ozeanriesen, unter mir das Häusermeer von Paris: Der Eiffelturm, Notre Dame oder die Concièrgerie zum Greifen nah. Es war mein Titanic-Gefühl einer unmöglichen Liebe, lange bevor der Film in die Kinos kam.

© We Are Contents
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Ich war hingerissen von einem noch versteckteren Raum mit verstaubten 3-D-Schaukästen, in der Miniaturen von Stadtszenen aus dem 19. Jahrhundert tiefenperspektivisch detailgetreu nachgebaut waren: Um sie zu bewundern, musste man sich ducken, eine Attraktion auf Kinderaugenhöhe, die die Gründer des La Samaritaine, das Ehepaar Cognacq-Jay, für seine jüngsten Besucher bereithielten. Ob diese charmanten Gimmicks anno 1870 die Renovierung überlebt haben?

16 Jahre lang war das Samaritaine geschlossen, für seinen neuen Besitzer, den Luxuskonzern LVMH, wurde die Sanierung zu einem ungewollt pharaonischen Projekt. Denkmalschutzrechtliche Klagen und Bürgerinitiativen, die ihr geliebtes La Samaritaine in alter Form erhalten wollten, unterbrachen immer wieder die Bauarbeiten.

In den mehrere Häuserblocks umfassenden Komplex wird das Hotel „Cheval Blanc“ einziehen, das fünfte Hotel unter der Ägide des weltgrößten Luxusimperiums. Wer einmal in den göttlichen Genuss kam, wie ich im Cheval Blanc Randheli auf den Malediven, weiß, dass die Maßstäbe, die hier gesetzt werden, in einer anderen Liga spielen, in einer Klasse oberhalb der First. Mit seinen nur 72 Zimmern und Suiten, gestaltet vom New Yorker Stardesigner Peter Marino, inklusive eines Dior Spas, wird es wohl die neue Speerspitze der an Luxusherbergen wahrlich nicht armen Stadt – die Nacht ab 1500 Euro aufwärts.

 

Prestige Lounge © Matthieu Salvaing
Prestige Lounge © Matthieu Salvaing
Bas Gauche © We Are Contents

Es ist nicht untertrieben zu behaupten, dass hier ein neuer Tempel des französischen Nationalstolzes eröffnet, sind doch die meisten großen Luxushotels von Paris schon lange in arabischer Hand. Ich kann es kaum erwarten, zu entdecken wie alt und neu hier nun zusammenkommen. Und ob ich meine alten Lieblingsecken wiederfinde.